Geschichte der Gesellschaft der Ärzte in Wien
Franz Wirer und Ludwig Türkheim, beide ehemalige Rektoren der Universität, waren die treibenden Kräfte zur Gründung der Gesellschaft. Allerdings konnten sie das erst im Jahre 1836 verwirklichen, als der Hofrat Andreas Joseph von Stifft verstarb, welcher die Gründung einer solchen Organisation untersagt hatte. Ihr erklärtes Ziel war es die Heilkunde als Kunst und Wissenschaft zu fördern. 1837 wurde die Gründung des Vereins schließlich offiziell genehmigt und am 22. Dezember 1837 fand im Konsistorialsaal der Universität (heute: Alte Universität) die Konstituierung der Gesellschaft der Ärzte in Wien statt. Zu den Gründungsmitgliedern zählten neben Franz Wirer, Ludwig Türkheim und Johann Malfatti auch die praktischen Ärzte Gerhard Brants und Joseph von Vering, der Direktor des allgemeinen Krankenhauses Franz Xaver Güntner, der Professor für Pathologie und Pharmazie Leopold Franz Herrmann, der Klimatologe Rudolph von Vivenot, der Präses der Fakultät Johann Nepomuk von Raimann und die Professoren an der Josephinischen Akademie Friedrich Jäger und Ignaz Rudolf Bischoff. Der erste Präsident wurde Johann Malfatti, welcher 1841 von Franz Wirer abgelöst wurde und bis zu seinem Tod Vorsitzender blieb. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder war anfangs von den Statuten auf 40 beschränkt, wurde aber im Laufe der Zeit stetig erhöht (z.B. 1839 auf 100 Mitglieder, 1859 auf 200 Mitglieder). |
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Während die theoretischen Wissenschaften wie Physik, Chemie, Anatomie und Physiologie in der Akademie der Wissenschaften diskutiert und in der "Denkschrift" publiziert wurden, beschäftigte sich die Gesellschaft der Ärzte in Wien mit pathologischer und experimenteller Anatomie, medizinischer Chemie und vor allem mit klinischer Medizin. Die Aufzeichnungen der wissenschaftlichen Sitzungen der Gesellschaft wurden durchwegs dokumentiert und zunächst in der hauseigenen "Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte" publiziert, welche später, unter dem Vereinspräsidenten Heinrich Bamberger, von der "Wiener klinischen Wochenschrift" abgelöst wurde. Der Einfluss der Gesellschaft der Ärzte und der Akademie der Wissenschaften führte überdies dazu, dass sich die medizinische Fakultät von einer reinen Ausbildungsstätte für Ärzte weg entwickelte und sich vermehrt der Wissenschaft und Forschung zuwandte. Unter der Präsidentschaft von Franz Wirer wurden die Mitglieder des Vereins in vier Sektionen unterteilt: Pharmakologie, Pathologie, Hygiene und Therapie. Den Mitgliedern wurde freigestellt, welcher Sektion sie beitreten möchten. Die Sektionen beschäftigten sich hauptsächlich mit den ihnen zugeschriebenen Themen. Durch die Bildung der Sektionen stieg die Anzahl an abgehaltenen Sitzungen pro Jahr auf 40 bis 45. Nachdem die Sektionen später wieder aufgelassen wurden sank diese Frequenz allerdings wieder auf 25 bis 35 pro Jahr. |
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Als Carl Rokitansky 1850 zum Präsidenten der Gesellschaft der Ärzte gewählt wurde, wandte sich der Verein verstärkt naturwissenschaftlichen Themen zu, wodurch die Medizin eine neue Richtung einschlug und die Ära der Zweiten Wiener Medizinischen Schule einläutete. Diese Zeit des Umschwungs ist untrennbar verbunden mit Carl Rokitansky, Joseph Skoda und Ferdinand Hebra. Während des Ersten Weltkriegs kam es durch die Schwierigkeiten des Krieges zu einem starken Rückgang der wissenschaftlichen Sitzungen, deren Inhalte sich hauptsächlich um die durch den Krieg verursachten Seuchen, Erkrankungen und Verletzungen drehten.
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In der ersten Plenarsitzung wurde Wolfgang Denk zum Präsidenten der Gesellschaft gewählt, aber erst im April 1946 wurde die Neugründung des Vereins von amtlicher Seite genehmigt. Der Springer-Verlag übernahm die Publikation der Wiener klinischen Wochenschrift, deren Erscheinen 1945 eingestellt worden war. Bis heute versteht sich die Gesellschaft der Ärzte in Wien als eine der traditionsreichsten medizinischen Gesellschaften in Österreich. Die in den Statuten festgeschriebene Hauptaufgabe der Gesellschaft besteht in der Fortbildung von Medizinern und der Präsentation neuer medizinischer Forschungsergebnisse. Zu diesem Zweck werden wissenschaftliche Veranstaltungen organisiert, eine Bibliothek betrieben sowie Videos und E-Learning Fortbildungen zur medizinischen Weiterbildung veröffentlicht. Die Gesellschaft der Ärzte in Wien hat aktuell etwa 2500 Mitglieder. |
- Prof. Wilhelm Holczabek: Die Gesellschaft der Ärzte in Wien -
Ort der Information und des Gedankenaustausches - Präsidenten der Gesellschaft der Ärzte in Wien
- Ehrenpräsidenten
- Festvortragende bei den Jahreshauptversammlungen (seit 1980):
- Historisches Mitgliederverzeichnis 1861-1877
- Historisches Mitgliederverzeichnis 1950
- Das Billrothhaus im DEHIO
- Die Geschichte der Bibliothek
Präsident*innen der Gesellschaft der Ärzte in Wien:
2020 – 2024 |
Beatrix VOLC-PLATZER Helmut SINZINGER Walter HRUBY Franz KAINBERGER Karl Heinz TRAGL Sepp LEODOLTER Wilhelm HOLCZABEK Karl Hermann SPITZY Otto NOVOTNY Tassilo ANTOINE Wolfgang DENK |
17. April 1946 |
Wiedererrichtung der Gesellschaft der Ärzte gemäß Bescheid vom Wiener Magistrat Wahl von Wolfgang Denk zum Präsidenten Löschung der Gesellschaft der Ärzte Rücktritt von Präsident Eiselsberg |
1919 – 1938 |
Anton von EISELSBERG Siegmund EXNER Rudolf CHROBAK Leopold DITTEL Theodor BILLROTH Heinrich BAMBERGER Ferdinand ARLT Ferdinand HEBRA Carl Freiherr von ROKITANSKY Franz Xaver GÜNTNER Franz WIRER Johann Baptist MALFATTI |
Ehrenpräsidenten:
2008 Sepp LEODOLTER
1982 Otto NOVOTNY
1977 Tassilo ANTOINE
1968 Wolfgang DENK
1926 Sigmund EXNER
1898 Leopold Ritter von DITTEL
1886 Ferdinand ARLT
1879 Johann DUMREICHER
1875 Joseph SKODA
Festvortragende bei den Jahreshauptversammlungen (seit 1980):
2024 Maria SIBILIA (Wien)
2023 Ulrike FELT (Wien)
2022 Thomas LUGER (Wien)
2021 Josef SMOLEN (Wien)
2020 Josef PENNINGER (Vancouver) - ursprünglich Stephanie BRISTER (Toronto)
2019 Alyn H. MORICE (Hull)
2018 Barry FRANKLIN (Michigan)
2017 Giovanni MAIO (Freiburg)
2016 Carlo PATRONO (Rom)
2015 Wolfgang GRANINGER (Wien)
2014 Jürgen KNOBLICH (Wien)
2013 Johanna RACHINGER (Wien)
2012 Hildegunde PIZA (Innsbruck)
2011 Helmut DENK (Wien)
2010 Georg STINGL (Wien)
2009 Hannes ANDROSCH (Wien)
2008 Konrad Paul LIESSMANN (Wien)
2007 Ferdinand MÜHLBACHER (Wien)
2006 Ernst WOLNER (Wien)
2005 Georg WICK (Innsbruck)
2004 Luigi SOLBATI (Varese)
2003 Hermann HEPP (München)
2002 Edzard ERNST (Exeter, UK)
2001 Herbert C. STARY (New Orleans)
2000 Joseph WITZTUM (San Diego)
1999 Roland MERTELSMANN (Freiburg)
1998 John R. VANE (London) - Nobelpreis für Physiologie/Medizin im Jahr 1982
1997 Max BIRNSTIEL (Wien)
1996 Hans TUPPY (Wien)
1995 Adolf MIEHLKE (Göttingen)
1994 Bengt SAMUELSSON (Stockholm) - Nobelpreis für Physiologie/Medizin im Jahr 1982
1993 Salvador MONCADA (Beckenham, GB)
1992 Joachim SEELIG (Basel)
1991 Edgar UNGEHEUER (Frankfurt/M.)
1990 Konrad BEYREUTHER (Heidelberg)
1989 Max BIRNSTIEL (Wien)
1988 Oleh HORNYKIEWICZ (Wien)
1987 Alfred ZÄNGL (Wien)
1986 Karl POPPER (London)
1985 Helmut WYKLICKY (Wien)
1984 Gotthard SCHETTLER (Heidelberg)
1983 Albrecht FLECKSTEIN (Freiburg)
1982 Ludwig DEMLING (Erlangen)
1981 Hans POPPER (New York)
1980 Viktor FRANKL (Wien)
Historisches Mitgliederverzeichnis 1861-1877:
Regelmäßig erhält die Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien Anfragen aus dem In- und Ausland über historisch prominente Mediziner.
Eine der am häufigsten gestellten Fragen ist dabei die nach einer Mitgliedschaft der betreffenden Person in der Gesellschaft der Ärzte.
Als Reaktion auf dieses medizinhistorische Interesse stellen wir deshalb nun die Abschrift eines der in unserem Hausarchiv vorhandenen Mitgliederverzeichnisse der Gesellschaft als PDF zum Download zur Verfügung. Dieses vollständig erfasste ‚Standesbuch der Mitglieder der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien‘ umfasst die insgesamt 383 Mitglieder der Jahre 1861 bis 1877.
Download:
Standesbuch der Mitglieder der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien - 1861-1877
Historisches Mitgliederverzeichnis 1950:
Das Billrothhaus im DEHIO (Wien II. - IX. & XX.) des Bundesdenkmalamtes:
FRANKGASSE [...] Nr. 8: Billrothhaus, erb. 1892/93 von Ludwig Richter als Haus der k.u.k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien. Bemerkenswerter 5achsiger palaisartiger Neorenaissancebau mit 2 hohen Geschossen über Souterrainsockel, additive Fassadengliederung, rustiziertes Erdgeschoß, Obergeschoß mit Rundbogenfenstern zwischen korinthischen Doppelpilastern, profiliertes Konsolgesims und Attikabalustruade, urspr. 4 große Sandsteinfiguren Äskulap, Hygieia, Minerva und Apoll aus Anton Paul Wagner. Rest. und Ausbau 1956. - 2teilige Durchfahrt mit Pilastergliederung, Tonnengewölbe und Kassettendecke, Nische mit Gipsbüste Kaiser Franz Joseph I., E. 19.Jh. Seitl. Stiegenaufgang mit eingestellten Säulen, Foyer mit Kompositpilastern und Stuckdecke. Anschließendes Stiegenhaus mit gegenläufiger Doppeltreppe, schlichter Wandgliederung und Oberlicht, 2 Vasennischen und Mosaikfußböden, Marmorgedenktafel mit Profilrelief Theodor Billroth. - Im Erdgeschoß Lesesaal mit Holzregalen und Galerie mit gedrechselten Säulen. Z.T. stuckierte Archivräume mit originalen Bücherregalen (bedeutende medizinische Fachbibliothek). Im Obergeschoss rechteckiger Vortragssal mit umlaufender Empore über Umgang, an 3 Seiten durchgehend verglaste Schwingtüren zwischen den Stützen, Wandgliederung durch Rundbögen zwischen Doppelpilastern, große profilierte Hohlkehle mit doppelter Abtreppung, Stichkappen mit Gipsbüsten berühmter Mediziner, kasettengerahmter Deckenspiegel mit reichem Stuck. Auf der Balustrade 2 Marmorbüsten, Skoda bez. C.Kundmann 1872 und Theodor Billroth bez. C.v. Zumbusch. Im Gartentrakt kleiner Sitzungssal mit Stuckdekor (2 Büsten und Gemälde). (Bundesdenkmalamt 1993: S. 412) Quelle Dehio Wien II.-IX. und XX. Bezirk - HG.: Bundesdenkmalamt. 1993. Berger & Söhne Verlag. Wien.
Die Geschichte der Bibliothek des Billrothhauses
Sammlungen Medizingeschichte
Wiener Medizin im Mittelalter
- Teil 1: Die Universität Wien und ihre medizinische Fakultät im Mittelalter. Struktur und LehrmethodeStruktur und Lehrmethode
- Teil 2: Zu den Anfängen des Medizinstudiums in Wien. Organisation und Lehrinhalte
- Teil 3: Michael Puff von Schrick
- Teil 4: Johannes Zeller von Augsburg
Verhinderte Nobelpreisträger
- Hans Horst Meyer – der rastlose Sucher nach der Wahrheit, mit der die Natur die Lebensvorgänge beschreibt
- Clemens Freiherr von Pirquet – der „Allround“-Mediziner, der am Nobelpreis scheiterte
- Adolf Lorenz - der Arzt, der „die Krummen grade und die Lahmen gehend“ machte, verpasste den Nobelpreis
- Sigmund Freud - der Wegbereiter der Psychoanalyse wurde beim Nobelpreis 33-mal übergangen
- Vincenz Czerny - der erfolgreiche Nobelpreisnominator, der selbst leer ausging
Vergessene Größen der Wiener Medizin
Die Präsidenten der Gesellschaft der Ärzte in Wien
- Die Präsidenten der Gesellschaft der Ärzte in Wien (Teil 4):
Carl Freiherr von Rokitansky (1804-1878)
Historische Mitgliederverzeichnisse
- Historisches Mitgliederverzeichnis 1861-1877
- Historisches Mitgliederverzeichnis 1950
- „Lust und Seuche: von Paracelsus bis Anthony Fauci“
Bücher und Schriften aus der historischen Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien und der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien
Beatrix Volc-Platzer und Hermann Zeitlhofer
- Meilensteine in der Geschichte der Plastischen Chirurgie in Österreich
- Emerich Ullman - Mediziner und Kunstsammler
- Idee und Widerspruch - Der medizinische Diskurs im Wien des 19. und angehenden 20. Jahrhunderts
Ignaz Semmelweis und die Frage der empirischen Nachweisbarkeit
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Joseph Hyrtl – Ernst Brücke: Beobachtung vs. Experiment
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Emerich Ullmann: verhinderter Aufstieg?
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Guido Holzknecht und die Radiologie: verhinderte institutionelle Etablierung
Originalarbeit (PDF) >>
- Vienna - The Cradle of Medical Ultrasound
- Important Medical Dialogues
Ignaz Semmelweis and the Cause of Perinatal Maternal Fever
Theodor Billroth’s Surgical Innovations
Radiation’s Introduction into Vienna’s Medical Milieu
Karl Landsteiner’s Discovery of the Blood Groups
Robert Bárány and Pathology of the Vestibular Apparatus - Das wissenschaftliche Erbe Robert Kienböcks
Dokumente der Ausstellung: Schätze aus der Bibliothek des Billrothhauses vom Juni 2012 - Erforschung und Therapie des Morbus Parkinson
Wiener Klinische Wochenschrift 1961, Vol. 73. - Karl Landsteiner:
"Ueber Agglutinationserscheinungen normalen menschlichen Blutes."
"Ueber die Verwerthbarkeit individueller Blutdifferenzen für die forensische Praxis." - 200 Jahre Carl Freiherr von Rokitansky
Inhalt der Schwerpunktnummer der Wiener Medizinischen Wochenschrift, 2004; 154(19-20). - "Carl von Rokitansky:
Ausstellung anlässlich seines 200. Geburtstages in der Gesellschaft der Ärzte in Wien"
Wiener Medizinische Wochenschrift 2004; 154(19-20): 475-6, Sablik K.